VISTA ist ein Messystem zur Erkennung von Defekten und anderen Merkmalen auf transparenten oder stark reflektierenden Oberflächen. Eingesetzt wird die Technologie „made in Salzburg“ bis jetzt in der Brillenglasindustrie. Brillengläser können damit vollautomatisiert geprüft und klassifiziert werden, die Ergebnisse werden automatisch dokumentiert. „Die Einsatzgebiete sind aber vielseitig. Von Folien über Skibrillen bis hin zu Fensterscheiben ist alles möglich. Im Grunde können wir mit allem, was transparent ist, arbeiten. Denkbar sind beispielsweise auch Probenträger in der Medizintechnik. Wir sind auch noch auf der Suche nach Partnern, die unsere Technologie für verschiedenste Anwendungen einsetzen möchten“, sagt Michael Göbl. Wer Kontakt aufnehmen möchte, kann sich gerne bei ihm unter michael.goebl@auc.systems melden.
Zur richtigen Zeit am richtigen Ort
Wie kommt man eigentlich auf so eine Idee? „Per Zufall durch eine Urlaubsbekanntschaft unseres ehemaligen Eigentümers Leo Stadlmayr, der leider vor zwei Jahren verstorben ist. Dieser hat auf einer Reise einen Produzenten von Brillengläsern kennengelernt. Der hat dann erzählt, dass Brillengläser immer noch manuell kontrolliert werden. Das haben dann auch unsere Recherchen bestätigt“, sagt Michael Göbl. Auf einer durchschnittlichen Produktionslinie werden circa 6.000 Gläser pro Tag produziert und jedes davon muss in die Hand genommen und auf kosmetische Fehler wie Kratzer oder Staubeinschlüsse überprüft werden. Die optischen Eigenschaften, die die Fehlsichtigkeit korrigieren, können bereits maschinell überprüft werden. Und so sei man auf die Idee gekommen, auch eine Automatisierungslösung für die kosmetische Kontrolle zu entwickeln.
„Im Jänner 2020 ist diese Idee über unseren Eigentümer zu mir gekommen. Wir haben in der Vergangenheit schon mit verschiedenen Kamerasystemen gearbeitet. Diese könnte man doch bestimmt auch für Brillengläser verwenden, haben wir uns gedacht“, erzählt Michael Göbl über die Konkretisierung von VISTA. „Dann haben wir zufällig einen Text im Deutschen Handelsblatt über die TU Braunschweig gelesen, in dem ein ähnliches Thema behandelt wurde. Nach einigen Tests haben wir uns mit der Hochschule in Verbindung gesetzt“, so Göbl weiter. So haben die Testreihen mit der TU Braunschweig gestartet, die bestätigt haben, dass mit Kameras zur Oberflächeninspektion die maschinelle Prüfung auf transparenten Objekten möglich ist. Die eingesetzte Technologie (Deflektometrie) wurde ursprünglich für die Vermessung stark reflektierender dreidimensionaler Körper entwickelt. Die Adaption des Messaufbaus von Reflektion auf Durchsicht ermöglicht ein Erkennen von Fehlern auf dem transparenten Medium Glas.
„Zur Entwicklung einer serien- und leistungsfähigen Softwareapplikation haben wir eine kleine F&E-Abteilung bei uns im Haus aufgebaut,“ berichtet Göbl. „2020 haben wir uns mit dem Thema beschäftigt. 2021 waren wir dann so weit, um mit der Entwicklung zu beginnen. Und 2022 konnten wir schließlich bei einem Schweizer Brillenglashersteller den ersten Prototypen aufstellen. Hier haben wir schnell gute Ergebnisse erzielt, so dass wir annähernd 100 Prozent der kosmetischen Fehler finden“, so Göbl weiter. „2023 konnten wir VISTA auf der internationalen Fachmesse MIDO in Mailand dem Fachpublikum vorstellen und bekamen den Salzburger Wirtschaftspreis WIKARUS in der Kategorie ‚Innovation‘ verliehen.“
Dem menschlichen Auge überlegen
Ungefähr zehn Prozent der produzierten Brillengläser weisen Fehler auf. Die Maschine von A&C kann Fehler finden, die größer als 20 Mikrometer sind. Der bislang akzeptierte Grenzwert für einen Fehler beträgt > 63 Mikrometer. „Unser Schweizer Partner lässt die Qualitätskontrolle inzwischen vollständig von VISTA übernehmen und nur als fehlerhaft qualifizierte Linsen, werden zusätzlich vom Fachpersonal geprüft. In einem nächsten Schritt sollen die Linsen der Produktionslinie ausschließlich von VISTA geprüft und klassifiziert werden. Die Leistung des Messsystems entspricht dem Auffinden einer 10-Cent-Münze auf einem Fußballfeld innerhalb von 6 Sekunden. Entgegen den Spezialist:innen, die manuell kontrollieren, ermüdet VISTA nicht. Wir haben aber von Anfang an geschaut, dass wir von den manuellen Kontrolleurinnen – der Großteil sind Frauen – lernen. Inzwischen ist es so, dass wir Fehler entdecken, die sie nicht gesehen haben. VISTA ‚sieht‘ in der vorgegebenen Zeit inzwischen also mehr, als das geübte menschliche Auge“, sagt Michael Göbl.
Rundum Schutz für Marke und IP
A&C liefert Automatisierungslösungen für den Anlagenbau und industrielle Produktionsbetriebe. Das Dienstleistungsunternehmen plant und programmiert Steuerungssysteme für unterschiedliche Branchen – von der Papierindustrie über Zementwerke bis hin zu Müsliriegelproduzenten und Brauereien. Für seinen weltweiten Erfolg wurde dem KMU 2023 der Österreichische Exportpreis in Bronze verliehen. „Die Idee und den Wunsch, ein eigenes Produkt aus unseren Leistungen zu kreieren, gibt es schon seit Jahrzehnten“, berichtet Geschäftsführer Michael Göbl. Mit VISTA konnte dieses Vorhaben nun verwirklicht werden.
Ein neues Produkt muss bereits frühzeitig geschützt werden. Deswegen wurde A&C vom Team des Servicecenter Innovation bei der Beantragung einer EU-Markenförderung inklusive der Anmeldung einer internationalen Marke unterstützt. Gemeinsam mit Expert:innen von aws und Patentamt wurde eine Schutzrechtsanalyse durchgeführt (Discover.IP). Und auch bei der Anbahnung von Technologietransfer mit nationalen und internationalen Unternehmen wurde unter die Arme gegriffen. Was Förderungen betrifft, so konnte ein FFG-Projekt (Basisförderung) in Anspruch genommen werden. „Durch die Bestrebungen von Romana Schwab sind wir auch auf die EEN-Plattform gekommen“, so Michael Göbl.
Über A&C Automationssysteme und Consulting GmbH
- Salzburg Stadt
- 14 Mitarbeiter:innen in Salzburg, 6 in Zagreb
- KMU
- Technisches Büro im Bereich der industriellen Anlagenautomatisierung mit Dienstleistungen zu Consulting, Hard- und Software-Engineering, Turnkey, Projekten und Netzwerken
- auc.systems/vista
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